
Timo Wahl YOGA-PODCAST
Timo Wahl YOGA-PODCAST
#28 Pranayama aus ganzheitlicher und therapeutischer Sicht
In diesem Podcast spreche ich mit Ann Sophie Briest, einer Ärztin und Yogalehrerin, die sich vor allem auf den Bereich Yogatherapie spezialisiert hat.
Was kann Pranayama, was kann Breathwork, was wollen wir, was sagt die Wissenschaft dazu? Ich glaube, das ist ein guter Einstieg. Soll ich mal an dich übergeben? Möchtest du mal eröffnen heute?
Ann Sophie:Gerne. Ich stelle mich auch gern noch kurz deinen Zuhörer und Zuhörerinnen vor. Ich bin Ann-Sophie Briest und für mich ist das Thema Yoga-Therapie, Yoga-Medizin und eben genau diese schöne Schnittmenge, die wir jetzt heute in Bezug auf Pranayama, Atmung, Breathwork, Wissenschaft schlagen wollen. Diese Brücke ist unglaublich faszinierend. Bin ich mal gespannt, was da noch so alles an kreativem Austausch heute entsteht. Und ja, ich fange gerne an. Wir hatten ja vorher kurz gesprochen und du meintest, das ist toll, Pranayama ist für mich auch so das Herzstück meiner Praxis. Wie erlebst du denn momentan, wenn wir uns so die Yoga-Angebote, die verschiedenen Yoga-Schulen anschauen? Wir haben ja häufig so dieses Thema, dass Yoga fast synonym mit Asana-Praxis gleichgesetzt wird. Wie vermittelst du denn diese Faszination und auch die Wichtigkeit von Pranayama deinen Schülern und deinen Höheren gegenüber? Was ist so für dich wirklich das Herzstück dieser Praxis?
Timo:Ich glaube, das lässt sich gar nicht so einfach in einen Satz fassen, weil es gibt so zwei Stränge, würde ich sagen, in Pranayama. Es gibt sogar drei Stränge. Also vielleicht fange ich so an, dass ich es meistens gar nicht Pranayama nenne. sondern es einfach einbaue, sodass es quasi parallel zur Praxis, die Praxis unterstützend mitläuft. Also wie auch immer wir praktizieren, wir starten ja eigentlich immer damit, uns irgendwie auf den Atem zu fokussieren. Wir starten ja nicht einfach mit dem Sonnengruß, sondern wir lassen die Leute ankommen und wir fokussieren zumindest schon mal auf den Atem. Und die meisten wissen, dass der Atem per se schon mal ein sehr gutes Konzentrationssubjekt ist. Warum? Weil der Atem von alleine kommt und geht. Wir müssen also nichts dazu beitragen, der ist immer da. Und insofern, wenn wir es jetzt mal meditativ sehen, ist natürlich das Fokussieren auf den Atem. eine Möglichkeit, dass wir erstmal mit den Dingen, die in uns sind, die in uns auftauchen, die wir erleben, sein können, ohne all das, was da so ist, immer so unglaublich kommentieren zu müssen, es so wichtig nehmen zu müssen, was der Yoga-Weg Chittavrittis nennt, also über alles immer nachzudenken, alles zu bewerten, weil, der Buddhismus nennt das peripheres Gewahrsein, wenn ich etwas habe, worauf ich mich vorrangig konzentriere, dann ist das quasi in meinem bewussten Erleben das, was am stärksten abgebildet ist und der Rest wird sozusagen so selten fokussiert von meiner Aufmerksamkeit, dass ich das in der Peripherie erlebe. Und das, was bei uns quasi in der Peripherie, also zum halb unvorbewussten ist, Dazu neigt unser Kopf weniger, assoziative Gedanken aufpoppen zu lassen. Das heißt, wir kriegen kein Kopfkino. Das ist ja schon mal der erste Einstieg per se, dass der Atem sinnvoll ist, als Objekt genutzt zu werden, überhaupt im Hier und Jetzt anzukommen. Das Zweite ist, und das wissen glaube ich auch die meisten, natürlich ist der Atem das, was sich in unserem Körper permanent ausdehnt und wieder löst. Also neben den anatomisch-physiologischen Bedeutungen, die der Atem in uns hat, erleben ja zumindest alle, dass gewisse Bewegungen immer an eine Ein- oder eine Ausatmung gekoppelt sind. Also Einatmung initiiert eine Form innerer Bewegung, Ausatmung auch, gerade dann, wenn sie forciert ist. Deshalb müssen wir per se schon mal von Beginn an die Bewegung mit dem Atem, ich möchte es mal sagen, synchronisieren. Das ist ja auch immer so die Idee, die dem Vinyasa-Begriff gerne so angedichtet wird, obwohl es das ja per se so gar nicht bedeutet oder übersetzt nicht heißt. Und ich glaube, das sind so zwei Dinge, die uns schon mal einen guten Zugang geben zum Atem. Wenn man jetzt natürlich ein Stück weiter geht, dann ist der Atem der einzige Schnittpunkt ins viszerale Nervensystem. Also etwas, was sich autonom regelt, wir aber auch willentlich eingreifen können. Und damit spiegelt der Atem A wieder, wie es uns, ich möchte mal sagen, physiologisch, aber auch emotional unten drunter geht. Können wir vielleicht später dazu kommen. Also die Primäremotionen haben zum Beispiel alle Atemmuster. Und gleichzeitig ist der Atem natürlich sozusagen der Spiegel, wie jetzt würde man in Frankfurt sagen, aufgeregt oder entspannt bin ich. Also ein schneller Atem, ein brustiger Atem ist gleich der Spiegel eigentlich für einen erregten Sympathikus Turnus. Und umgekehrt genauso. Und ich glaube, das wissen die meisten auch schon, dass wenn man da in den Atem eingreift, unglaublich unterstützend arbeiten kann. Und um die Frage abschließend zu klären oder zu beantworten, ohne jetzt in den Monolog zu verfallen, ich bringe auf die Art und Weise das Thema Atem quasi unterschwellig mit rein und versuche zunächst erstmal Aktivität und Passivität über den Atem zu unterstützen. Die Aktivität gelingt den meisten ganz gut. aber um auf Aktivität auch wirklich wieder Passivität folgen zu lassen. Also auch in der Position wieder Spannung rauszunehmen, aus der Anspannung rauszugehen, aus der Kraft rauszukommen, um am Ende vielleicht sogar ein bisschen, ich sage mal so, schön den Stecker zu ziehen, dass die Leute am Ende einfach ruhiger sind, ohne zu merken, warum.
Ann Sophie:Sehr, sehr schön erklärt, Timo. Danke, da waren jetzt für mich auch ganz viele Fragen, zentrale Ideen auf eine sehr kompakte, schöne Art und Weise auch zusammengefasst. Ich glaube, was mich auch nicht nur im Yoga- und Yogatherapie-Kontext begeistert, sondern ja bei mir jetzt auch durch meine ärztliche Sprechstunde immer wieder eine Rolle spielt, ist so diese Möglichkeit, dass ich nicht nur den Atem fast schon diagnostisch einsetzen kann, du hast ja auch Bezug genommen auf emotionale Muster, wo stehe ich in Bezug auf Reizbarkeit, Erregung im Nervensystem, sondern wirklich auch diese umgekehrte Richtung ist ja genau so wahr. Ich kann durch das gezielte Anwenden von einem, sagen wir mal betont, ruhigeren, vielleicht auch mehr auf die Bauchatmung fokussierten Atemmuster kann ich ja in kürzester Zeit wunderschön auch physiologische, also im Körper erlebbare, auch im emotionalen Erleben sozusagen realisierbare Ergebnisse erzielen und das spielt bei mir einfach auch in der ärztlichen Praxis ständig eine Rolle, da, ich sage mal, den Fuß in die Tür zu bekommen, dass sich idealerweise auch durch den Impuls einer gezielt gesetzten Atemübung idealerweise auch sowas wie die Ruheatmung mehr und mehr verändert. Weil das ist ja etwas, wenn wir uns überlegen, das gibt es ja sogar in in unserer Sprache, vom ersten bis zum letzten Atemzug, also es gibt eigentlich nichts, was so sehr mit Lebendigkeit assoziiert wird, vielleicht noch der Herzschlag, wie die Atmung. Also wir können ja nicht nicht atmen, das ist Teil unseres Lebens, Teil unserer Lebendigkeit und ich sehe den Wert von gezielten Übungen, wenn man sagt, okay, ich nehme mir die Zeit und zehn Minuten jeden Tag mache ich die und die Übung und nehme direkt Einfluss darüber, auch auf die physiologischen Auswirkungen. Das ist großartig. Aber was ist dann mit den 23 Stunden und 50 Minuten, die noch übrig bleiben? Wie geht es mir da in meiner Atmung? Das bemerke ich einfach jedes Mal aufs Neue. Wenn in der Begleitung, wenn in der Therapie da eine Veränderung kommt, wenn sich die Ruheatmung ein Stück weit heilsamer zeigt, dann geht es meistens auch im Heilungsprozess einen großen Schritt voran. Also das ist wirklich ein wichtiger Moment, so aus diesen unbewussten Atemmustern auch in ein immer gesünderes Atemmuster zu finden.
Timo:Da hätte ein Dr. Buteko viel Spaß dran gehabt an deiner Aussage eben. Es gab einen russischen Arzt, du nickst, aber vielleicht kennt den nicht jeder. Es gab einen russischen Arzt, der hat die sogenannte Buteko-Methode entwickelt, der irgendwann mal, aber sehr früh herausgefunden hat, dass es einen direkten Zusammenhang gibt zwischen a, physiologischer Grundentspannung, also wirklich der in uns angelegten und damit auch nutzbaren Grundentspannung, Fähigkeit, uns runter zu regulieren und der Atemfrequenz hat den sogenannten CP-Wert entwickelt, also auch verschiedene Tests entwickelt, wie man quasi sozusagen herausfinden kann, wo man steht mit dem Atem und der hat wirklich so einen Grundtest quasi entwickelt, den jeder von uns zu Hause machen kann. Der mag jetzt nicht wissenschaftlich haltbar sein, aber es ist eine Referenz, es ist ein Pi mal Daumenwert. Und davon halte ich ganz viel, weil ein Pi mal Daumenwert kann halt jeder im Alltag einfach nutzbar machen, ohne jetzt irgendwie mit dem Messgerät rumzugehen und irgendwie wo reinzuatmen, eine Maske, um dann die CO2-Toleranz messen zu können. der hat quasi gesagt, wenn du jetzt ohne Vorbereitung normal einatmest und entspannt ausatmest und nach der Ausatmung mal die Ruhe sich entwickeln lässt bis zum nächsten Einatmenzug, wie lang dauert es, bis dein Körper den nächsten Einatmenzug nehmen möchte. Und wenn man das mit den meisten Leuten macht, wir werden wahrscheinlich auch später diskutieren, warum das so ist und warum das so wichtig ist, dann sogar noch Asana dazu zu praktizieren, dann kommen die nicht über 10 Sekunden. Und Bottego hat gesagt, ab 20 bis 30 Sekunden bist du in einem Normbereich. Und er hat gesagt, ab 30 bis 40 Sekunden bist du in einem guten Bereich, sodass die Wahrscheinlichkeit hoch ist, nicht krank zu werden. Also er hat es sehr ähnlich formuliert. Weil einfach dann deine physiologische Grundentspanntheit so hoch ist... dass, und das ist etwas, was mit der Aktivität und Passivität einhergeht, auch dann immunologische Response funktioniert. Also es gibt ja entwicklungsbiologisch gesehen eine Notwendigkeit, jede Form von Abwehrmechanismen erstmal zu unterdrücken, wenn wir im Stress sind. Weil der Stress ist ja entstanden aus der Notwendigkeit, überleben zu wollen. Und deshalb entweder flüchten oder kämpfen zu müssen, da hätten wir uns einfach keinen Schnupfen leisten können. Deshalb ist natürlich Stress immer erstmal ein Immunsuppressor. Und wenn wir aber den Stress nicht merken, weil wir uns auch schon daran gewöhnt haben, oder behaupten, naja, es ist ja auch euer Stress, es ist ja kein schlechter Stress, dann laufen wir trotzdem das Problem rein, dass wir eigentlich total immunsuppressiv sind. Also dass die Immunabwehr einfach zu spät kommt. Und das hat eher ganz, ganz stark an die sogenannte CO2-Toleranz gekoppelt und damit an die Frage, wie häufig atme ich. Können wir später nochmal aufmachen, woran ist der Atemreflex gekoppelt. Dann wird es, glaube ich, Zuhörer und Zuhörerinnen auch ein bisschen klarer, warum. Also insofern glaube ich jetzt, zu dem uns eben Das hätte ihm gut gefallen, dem alten Herrn Bottego. Ich glaube, den alten Jogis auch.
Ann Sophie:Ja, absolut. Also mich fasziniert es auch, er hat ja... wirklich eine große Klinik geleitet, wo ja wirklich auch Atemerkrankungen mit wunderbaren Ergebnissen, also in den Tausenderzahlen, gerade auch Umbauprozesse der Lunge, diese ganzen obstruktiven Erkrankungen und also großartig. Ich freue mich darüber, dass er zumindest so in meinem Bewusstsein mehr und mehr jetzt auch wieder auftaucht. Das gibt glaube ich gerade so ein kleines Buteyko Revival zurecht, denn er hat wirklich großartige Arbeit geleistet, wissenschaftliche Arbeit geleistet mit einer Methode, an der ja eigentlich wenig Geld verdient werden kann. also einer Methode, die wenig technisches Know-how noch irgendwelche Medikamente braucht, sondern er vermittelt uns ja im Endeffekt ein Wissen, was jeder direkt einbauen kann über die Art der Atmung. Deshalb großartig. Ja, bin ich auch, bin ich sehr daran interessiert, auch sein Wissen für mich weiter zu verstehen und auch weiterzugeben. Und was ich zum Beispiel auch sehr, sehr spannend finde, Einfach dieses Grundverständnis der normalen und ruhigen Atemfrequenz. Denn das ist, finde ich, eines, der doch auch häufigen Beispiele, dass etwas, was sich statistisch in der Norm befindet, also normal ist, auch medizinisch als normal gilt, tatsächlich nicht das Gesunde abbildet. Und ich weiß das noch aus meinem Medizinstudium, es war ganz klar, die normale Atemfrequenz, die liegt bei 12 bis 18 Mal die Minute, so dann schaut man nicht weiter drauf, dann wird das nicht rot vom System angestrichen, interessiert keinen Menschen. Wenn wir uns anschauen, was wäre denn Mal von der Art der Atmung abgesehen, aber nur von der Frequenz her. Was wäre denn eine gesunde Ruhefrequenz? Da liegen wir so bei fünf bis sechs Atemzüge die Minute. Das ist Faktor zwei bis drei. Von der Art der Atmung nochmal völlig abgesehen. Aber das ist ein schönes, also eigentlich ein erschreckendes Beispiel dafür, dass etwas... ungesund Normales sozusagen auch medizinisch die Norm mittlerweile bildet. Also auch da ruhiger Atmen ist ein ganz, ganz wichtiger Punkt.
Timo:Aber das Interessante ist, was du sagst, es gibt in alten Medizinbüchern, Vor den 1920ern ist diese Ruhefrequenz mit 8 bis 10 angegeben. Dann steigt sie auf 10 bis 12 und heute ist sie im Normen bei 15 oder vielleicht sogar höher. Und das zeigt ja, wenn das die Norm ist, also die Medizin macht sich jetzt nicht immer, behaupte ich, ganz böse, meine böse Zunge, macht sich ja nicht immer die Mühe, alles auch physiologisch zu hinterfragen, sondern definiert halt auch eine Norm über einen empirisch messbaren Mittelwert, klar. Da wird das Große und das Kleine raus interpoliert und dann hast du halt so einen Mittelwert. Und das zeigt ja, wenn dieser Mittelwert ansteigt, das kann man gleich den kleinen Hint machen, es gibt nur Kohärenzverhalten zwischen Atemfrequenz und Herzfrequenz, das zeigt ja, dass unser Stresspegel im Laufe der letzten 50, 60, 70 Jahre einfach immens gestiegen ist. Im Laufe der letzten 100 Jahre. Also man kann sich so für alle, die jetzt zuhören, sich nicht gerade mit Atemphysiologie beschäftigen, Vorstellen, ein vermehrtes Atmen ist deshalb notwendig, weil der Körper es mit einem vermehrten Umsetzen von Sauerstoff gleichsetzt. Und wann braucht der Körper Sauerstoff? Wenn er in den Stresszustand geht, weil er glaubt. und Stress ist ein biologischer Faktor, etwas körperlich ausinteragieren zu müssen. Also den Stress, den wir mit den E-Mails heute haben, der ist ja nicht biologisch, den gibt es ja gar nicht. Also er ist zwar biologisch da, aber die biologische Idee von Stress ist, flucht- oder kampfbereit zu sein. Wir lassen es mal freeze draußen, dann werden wir wieder ein neues Thema, können wir auch mal machen. Aber das heißt, dass Stress immer eigentlich die Grundidee hat, ich muss körperlich aktiv sein. Und deshalb ist logischerweise bei körperlicher Aktivität der Umsatz über die Muskulatur erhöht. möchte der Körper mehr Sauerstoff. Wann geht er in mehr Sauerstoff oder wodurch? Indem er das sogenannte Atemzugvolumen erhöht, das auf Brustatmung umschaltet, weil er natürlich im Kampf auch die Bauchmuskulatur nicht erschlafft lassen kann. Er braucht es allein schon aus stabilisatorischen Gründen, dann scheidet die auch aus. Im Brustraum ist A mehr Widerstand, das erhöht schon mal die Atemfrequenz, aber er erhöht sie ohnehin, weil er geht davon aus, ich brauche mehr Sauerstoff. Wenn man sich jetzt ein bisschen damit intern beschäftigt, Und jetzt bin ich ganz böse, weil es gibt ja am Markt auch so lustige Videos auf YouTube, man könne sich hyperoxygenieren, also vermehrte Atmung würde zu einem Anstieg der Sauerstoffbindung führen. Du wirst mir hoffentlich gleich recht geben, dem ist nicht so, das funktioniert nicht. Also wir können 2-3% Blutplasma lösen. Aber wir können ansonsten immer nur eine hundertprozentige Sättigung haben, wenn nämlich all unsere inneren Taxis besetzt sind. Die heißen nämlich Erythrozyten, das sind die roten Blutkörperchen mit dem Hämoglobin. Wissen wir alle. Das heißt, wenn die alle besetzt sind und beim Gesunden sind immer zwischen 95 und 98 besetzt und auch zum Teil mehr, dann können wir also sogar nicht überoxygenieren. Was passiert aber, wenn wir dauernd ausatmen? Weil wir häufiger ein- und ausatmen, es geht trotzdem das CO2 verloren. weil das ist an nichts gebunden. Es schwimmt im Blut frei rum, wird nur, wenn es zu viel ist, weggepuffert über unser Bikarbonat, aber geht halt, wenn wir es ausabern, raus in die Atmosphäre. Da gibt es keine Taxen. Das heißt, eine erhöhte Atemfrequenz heißt immer, gleiches Level an Sauerstoff vermindert das Level an CO2. Und CO2 ist halt genau das, was uns das Problem bereitet, dass wir nämlich dann bei verminderter Anwesenheit von CO2 im System den Stresspegel oben lassen Das kann man noch ein Stück weiter gehen, um in der Atemphysiologie zu bleiben. Der Atemrhythmus ist ausschließlich gekoppelt bei dem gesunden, ich rede jetzt nicht von COPD-Patienten oder sowas, an den CO2-Gehalt. Das heißt, das Maß an CO2, was wir physiologisch tolerieren, entscheidet letzten Endes darüber, wie häufig atmen wir. Und das ist immer nämlich bei der Schleife, die sich gerade wieder selbst hat. Je mehr CO2 ich toleriere, desto seltener muss ich atmen. Weil desto mehr CO2 kann sich im Blut aufbauen, indem ich nicht dauernd atmen muss. Und wenn wir das jetzt wieder gleichsetzen mit der Atemfrequenz, erhöhe ich die also, dann hält die sich sozusagen selbst in so einer Feedback-Schleife in ihrer Frequenz drin und erhöht damit meinen Blutdruck, meine Herzfrequenz, meine Bindegrebsspannung, meinen Ruhetonus, der Muskulatur und so weiter. Es gibt sogar noch einen weiteren Effekt. Es gibt den Effekt nach Niels Bohr benannt, den sogenannten Bohr-Effekt, dass wenn sich der Blut-pH-Wert zu stark ins basische Schiff verschiebt, dass dann einfach der Sauerstoff zwar munter auf dem Hämoglobin ist, aber dort auch blöderweise bleibt und sich nicht so gut entkoppelt. Das heißt, die Zelle ruft quasi, aber der Sauerstoff schwimmt einfach munter vorbei. Also es geht nicht. sogar Richtung Zellunterversorgung. Und viele assoziieren das genau umgekehrt. Die denken, abends hast du mehr Sauerstoff. Aber ich sage mal, die Bioverfügbarkeit in der Zelle, die nimmt sogar ab. Und deshalb bin ich immer so ein bisschen alert, wenn ich diese ganzen Videos sehe auf YouTube, die Dinge propagieren, die physiologisch leider so nicht haltbar sind.
Ann Sophie:Absolut. Ich genieße das gerade sehr, Timo, dir zuzuhören, weil sonst höre ich ja immer nur mich selber reden und erklären. Und das ist großartig, deine Gedankenzusammenhänge nachzuvollziehen. Und ich bin hier die ganze Zeit, ihr könnt das nicht sehen, weil es ist ein auditives Medium, aber ich bin hier die ganze Zeit am Nicken und am Zustimmen. Ganz genau so ist es. Und was mir jetzt gerade noch kam, weil Physiologie begeistert mich einfach und das muss auch Ja, das stimmt. stärkere Abatmen von CO2 durch diese vermehrte Atemarbeit. Wir müssen es ja nicht gleich Hyperventilation nennen, aber vermehrte Atemarbeit sorgt dadurch zu einem vermehrten Abatmen von CO2. Der pH-Wert verschiebt sich, das hast du gerade schon sehr schön erklärt. Wir haben auch in den Gefäßen selber Rezeptoren gegenüber dem CO2 und die können das Gefäß weit bzw. eng stellen, also die Gefäßdilatation entsprechend beeinflussen. Und da haben wir wiederum einen Effekt, den du erklärt hattest, weiterhin verstärkt, nämlich Vermehrtes CO2, also wenn wir weniger häufig atmen und die CO2-Toleranz sich erhöht, führt doch tatsächlich dazu, dass sich die Gefäße weitstellen. Also die Versorgung auch in der Peripherie, in den Kapillaren, in den kleinsten Gefäßen verbessert ist. Also der Sauerstoff kommt effektiver besser in die Zellen. Genauso umgekehrt eben, wenn wir viel Atemarbeit leisten und das CO2 entsprechend abatmen, Sauerstoffoxygenierung hin oder her, Wenn sich dann die Gefäße zusammenziehen und das kann in den kleinsten Gefäßen durchaus bedeuten, dass da die Versorgung abgeschnitten wird, also auf Zellebene, führt im Endeffekt dazu, dass wir in einem Meer von Sauerstoff sitzen. Die ganzen Erythrozyten-Taxis sind vollgepackt. Durch den Bohreffekt, die Verschiebung des pH-Wertes, können die das aber nicht abladen. Die Taxitür ist irgendwie zugeschlossen. Die schwimmen einfach vorbei und durch den sinkenden CO ziehen sich die Gefäße zusammen und der Sauerstoff kommt effektiv nicht in der Zelle an. Und das sind für mich zwei grundsätzliche Mechanismen, ob man die dann immer so erinnert oder nicht, ist nochmal was anderes, aber wo man sagen kann, wir müssen differenzieren zwischen sozusagen der... die wir zuführen und der effektiven Ausbeute an der jeweiligen Zelle. Weil die Zellatmung, das ist ja das, was der Körper braucht, um Energie auch zu erzeugen. Die passiert ja in der Zelle. Und da ist eben diese gesteigerte Atemarbeit eine der Mechanismen, die dafür sorgt, dass unter Umständen das überhaupt gar nicht in der Zelle ankommt. Und dann wiederum Ein wunderschönes, vielleicht im ersten Augenblick paradox erscheinendes Phänomen, wenn wir weniger atmen und unsere Toleranz dem CO2 gegenüber erhöhen, haben wir eine wesentlich bessere Sauerstoffausbeute in der Zelle. Und haben die entsprechenden Auswirkungen auf das Nervensystem, wie du es beschrieben hast. Haben weniger Atemarbeit. Das kostet dir auch unglaublich viel Energie. Das ist anstrengend, so viel zu atmen. Und viele von uns, du hast ja gesagt, unter Stress erhöht sich das Atemzugvolumen. Klar, Herzfrequenz geht hoch, Atemfrequenz geht hoch. Wir machen den Körper fit, um zu kämpfen und um wegzulaufen. In einem chronischen Stress ist es häufig tatsächlich so, eigentlich nur noch die Atemfrequenz, die erhöht ist. Und wir kommen tatsächlich eher in eine oberflächlichere, chaotische Atmung. Und da auch ganz spannendes Phänomen, da gibt es jetzt so schöne Namen, ich will das gar nicht weiter breittreten, aber so ganz praktisch gesehen haben wir ja alle, wenn wir in der Ruhe atmen, das Atemzugvolumen, das lässt sich ja auch in Millilitern berechnen. Und wenn man sich da mal mit der Physiologie auseinandersetzt dann sagt man, okay, meistens so ein halber Liter. Halber Liter ist so das Atemzugvolumen in Ruhe. Wenn wir jetzt eine komplette Yoga-Atmung machen, dreistufige Atmung, einmal komplett vorher ausgeatmet haben und dann vollständig einatmen, das hat sehr viel auch mit dem Trainingseffekt zu tun, aber da spricht man davon, so 4,5 bis 5 bis 6 Liter Lungenvolumen haben wir zur Verfügung. Das heißt, allein hier schon mal die Feststellung, von meiner Ruheatmung hin zur wirklich maximalen Atmung habe ich einen Faktor 10. Wenn ich einen wirklich tiefen Atemzug nehme, kann ich das, was im Körper ankommt, Faktor 10 steigern. Und was ich auch sehe, ist eben in diesem chronisch angespannten Zustand, dass dieses Atemzugvolumen, also sprich unsere Ruheatmung, weiter runtergeht. Wenn ich wirklich teilweise ja auch in Gesprächen sitze ich vor der Person und denke mir, Atmet die oder atmet der überhaupt? Also ich sehe weder, dass sich irgendwie was am T-Shirt bewegt, noch dass sich die Bauchdecke irgendwie bewegt, wo man manchmal so das Gefühl hat, wow, es ist ein Wunder, dass die Person überhaupt noch atmet, weil man sieht es tatsächlich kaum. Und da haben wir tatsächlich ein großes Phänomen, denn... Ich nenne das immer liebevoll das Strohhalm-Phänomen. Wenn man sich vorstellt, man hat einen Strohhalm und trinkt jetzt sein Glas Wasser mit dem Strohhalm, dann haben wir ja erstmal die Wegstrecke des Strohhalms zu überwinden, bis sozusagen das Getränk in unserem Mund ankommt. Das kostet Kraft, erstmal diesen Inhalt über die Länge des Strohhalms zu transportieren. Genauso, wenn wir aufhören zu trinken, dann sackt sozusagen das Volumen wieder zurück ins Glas. Und ähnlich ist es ja bei unserer Lunge auch. Wir haben ja die Lungenbläschen, dort, wo der ganze Gasaustausch stattfindet. Aber der Weg dahin, manchmal, ich habe das als anatomischen Totraum kennengelernt, ja, dieser ganze Bereich, Nasen, Rachenraum, Luftröhre, das ist ja quasi mein Strohhalm. Da findet kein Gasaustausch statt. Und diese Wegstrecke, in der effektiv Volumenbläschen bewegt wird, aber noch keine Gasaustauschmöglichkeit besteht, die müssen wir ja mit jedem Atemzug überwinden. Und wenn ich jetzt häufig atme, also mit einer hohen Atemfrequenz, entsprechend oberflächlich atme, dann verfällt einfach sehr viel von der Luft, die ich einatme, auf diesen Totraum. Und der wiederum liegt ungefähr bei 150 Millilitern. Also wenn ich mir, wenn ich einen oberflächlichen Atemzug nehme, von 300 Millilitern, dann verfällt die Hälfte meines Atemzuges auf diesen Totraum. Und das ist natürlich tierisch anstrengend auch über die Zeit gesehen. Da kommt es auch mehr und mehr auch zu Erschöpfungssymptomatik, wenn man einfach unglaublich viel Atemarbeit leistet, aber effektiv der Körper, die Zelle an sich, da gar nicht mehr so wirklich von profitiert. Deshalb dieses Atemfrequenz beruhigen, reduzieren, die Atemzüge wieder auch in den Bauchraum fließen lassen. Das sind natürlich dann so die physiologischen Eintrittspforten, die quasi genau entgegengesetzt auch wieder positiv in unserem autonomen Nervensystem wirken, entsprechend Blutdruck und all die Dinge, die du eben sozusagen in der Hin-Kaskade erklärt hast, auch wieder mehr und mehr ins Gleichgewicht führen können.
Timo:Absolut. Und da kann man sogar für die den die Zuhörer irgendwie noch ergänzen, weil die Frage ist immer, wie setze ich das um, dass jetzt sogar die Asana-Arbeit ins Spiel kommen muss, für ganz viele von uns, weil eine dauerhafte, und ich bleibe bei dem Wort Hyperventilation, was ist eine Hyperventilation? Ein dauerhaftes zu viel Atmen hat ein dauerhaftes zu starkes Abatmen von CO2 zur Folge, haben wir gerade diskutiert, und erhöht damit die Bindegewebsgrundspannung. Also Bindegewebe hat einen regelbaren Tonus, nicht nur die Muskulatur, der vor allem vom Anteil von Noradrenalin, das ist ein Neurotransmitter, aus dem sympathischen Bereich abhängt und von dem Anteil an CO2, der im Gewebe gespeichert ist. Je höher der CO2-Anteil, desto entspannter das System. Das heißt, je niedriger, desto angespannter, wenn man es jetzt so überlegt, wie atmen wir und was ist das für ein Material, dann bin ich da genauso im muskel- und faszialen, also bindegewebigen System wie überall anders auch im Körper. Lange Rede, kurzer Sinn. Wenn ich sage, du musst jetzt bitte in den Bauch atmen, dann komme ich bei Langzeithyperventilierenden, nämlich an zwei Probleme. Einmal, dass das Zwerchfell manchmal über Ausweichbewegung abgeflacht ist, das ist aber häufig eine anatomische Ursache. Dann, dass das Zwerchfell abgeschwächt ist, weil ich es gar nicht richtig benutze. weil ich es nie einsetze, und sehe, dass der Atemwiderstand zu groß geworden ist. Und der Atemwiderstand ist also der grundlegende Widerstand über Muskel- und Bindegewebsgrundspannung, die anliegt in Abhängigkeit von meinem Stresspegel. Also wenn ich davon ausgehe, dass ich das dauerhaft den Stress befeuere, atme ich logischerweise, selbst wenn ich Bauchatmen möchte, mit einem abgeschwächten Zwerchfell gegen einen zusätzlich erhöhten Grundwiderstand. Wozu führt das? Logischerweise, dass ich meinen Atem weiter abatme. Und der landet dann ganz häufig in der Brust und wenn ich die Brust jetzt nutze, also den Brustraum und atme bewusst tief ein, ist das ja was ganz anderes. Aber ich setze mich ja als chronischer Hyperventilierer nicht hin und atme tief ein, sondern ich atme ja gegen einen nochmals höheren Brustwiderstand häufiger an, damit halt die Atmung nicht so anstrengend ist. Und beides hält halt diesen ganzen Atemraum in seiner Tightness. Das heißt, wenn ich Leuten da helfen möchte, muss ich immer berücksichtigen, dass ich a. die Atemräume öffne und dazu gehören Seitneigung, Rückbeugen und Twists, weil die einfach die großen faszialen Strukturen und die bindegewebigen Strukturen mit öffnen und einöffnen, das bin ich zu einer Seitneigung, aber der Intercostalmuskulatur und auch eine Stabilisierung, also der Zwischenrippenmuskulatur. Zusätzlich kommt eine Stabilisierung. Von Serratus und von den Rhomboideen, das sind Atemhilfsmuskeln, die zum Beispiel das Schulterblatt in der richtigen Position halten. Und dann vor allem den Zweig für Stabilisierung. Also zum Beispiel ein Anatmen des Bauches gegen ein Kissen. Ich lege mir was auf den Bauch und atme wirklich den Bauch gegen ein schweres Kissen hoch. Im Yoga haben wir klassisch dafür die Umkehrstellung zum Beispiel. Also wirklich gegen einen Widerstand anzuatmen. Also das darf man gar nicht vergessen, dass gerade dafür, um atmen zu können, wiederum eine gezielte Asana-Arbeit ganz, ganz wichtig ist. Und zwar sowohl eine Stärkung als auch eine Öffnung.
Ann Sophie:Absolut, absolut. Du hattest gerade auch noch das Faszialgewebe benannt. Ich kombiniere gerne auch die Asana-Praxis mit der entsprechenden Atmung, auch im Sinne der verschiedenen Faszien-Leitbahnen. Da gibt es ja zum Beispiel nach Tom Myers diese myofaszialen Meridiane. Und da finde ich die Orientierung auch immer sehr, sehr hilfreich zu wissen, okay, in welcher Leitbahn befinden sich denn entsprechende Strukturen. Und da ist unser Zwerchfell jetzt ganz konkret eingebunden in die Deep Frontline, also die tiefe Faszienleitbahn, wo ja auch noch andere Hotspots lokalisiert sind, wie zum Beispiel der Psoas, wie der Beckenboden, wie die Adduktoren. Also da wird man häufig, was Grundanspannung angeht, was ja auch das Speichelfall, von emotionalen Dingen angeht, sehr, sehr schnell fündig und das habe ich als sehr wertvoll empfunden, wenn, wie du das gerade auch erklärt hast, manchmal dieser Bezug überhaupt in ein gesundes Atemmuster erstmal aufgebaut werden muss mit den entsprechenden Übungen, dann auch entlang der Leitbahn zu denken und vielleicht durch andere Asanas in dem Wissen, dass diese Strukturen sehr wohl zusammenhängen und sich gegenseitig auch aktivieren und Und unterstützen, dann andere Einstiegsforten noch zu nutzen und einfach die Leitbahn als Ganze noch mit anzusprechen. Das finde ich auch immer einen schönen Ansatz.
Timo:Absolut. Wobei ich jetzt sagen muss, die Deep Frontline ist relativ schwer ganz komplex anzusteuern. Da müssen wir aus dem klassischen Asanas rausgehen. Ich mache ganz oft zum Beispiel... mobilisatorische, integrative Übung fürs Zwerchfell, weil es ja komplett damit drin hängt, um die Zwerchfellbeweglichkeit und Mobilität wieder aufzubauen. Also das ist relativ komplex, was man alles machen kann, aber sehr lohnenswert. Weil ich glaube, die Quintessenz, die man, auch wenn man sich jetzt anatomisch nicht so gut auskennt, mitnehmen kann, ist, dass halt das ist ein blödes Wort, Mobilmachung zu der Zeit, aber ein Mobilisieren, ein Mobilisieren des Ganzen, all dessen zwischen, vereinfacht gesagt, Becken, Brustraum, Schlüsselbein und eigentlich Kiefer, dass das der ganze große Bereich ist, der angegangen werden möchte, um Das, was du vorhin angesprochen hattest, die Atemfrontfrequenz überhaupt runter regeln zu können. Also wir brauchen sozusagen die strukturellen Grundvoraussetzungen, dass die Strukturen sich wieder so bewegen können. Und ich bin ja auch ganz viel in der Praxis drin mit Leuten und ich sehe ganz häufig, dass Menschen, die das dauerhaft tun, die diese Klammer auch gar nicht merken, weil sie natürlich Kompensationsmechanismen entwickelt haben, dann auch weitere Symptome entwickeln. Also ich war gerade bei der Zwerchfellabflachung. Man weicht dann zu stark in die Hyperlodose aus. Der Brustraum geht eher nach oben hinten, sodass auch die Diaphragmen nicht mehr übereinander sitzen, so wie sie sitzen sollten. Dann kommt es ganz häufig zum... erhöhten interabdominalen Druck, dass einfach die Oberbauchorgane weniger Raum haben, dass der Magen sinkt, dass die Leber sinkt, dann quellt der Dickdarm auf, dann haben wir einen Blähbauch. Also es kommen ganz viele Dinge so einfach dazu, die so eine riesen Kaskade nach sich ziehen. Und jetzt muss ich mal böse sein und ich meine das nicht böse, aber die halt auch vom Arzt nicht immer diagnostiziert werden. Es ist halt leider ab und zu so, du hast was und dann nimmst du halt mal eine Tablette, aber die Ursache liegt halt wo ganz anders. Und ich kann nur wirklich jetzt für alle, ohne jetzt irgendjemand aus der Allopathie schlecht machen zu wollen, das ist nicht meine Intention damit, aber ich glaube, es gibt halt so viele Ursachen, die zu irgendwelchen Symptomen führen können, gerade dauerhaft. Und die Ärzte haben häufig nicht die Zeit, so multikausal zu denken. Also die haben einen Patienten gar nicht lang genug da. Aber ich glaube, man kann sich grundlegend bei vielen Symptomen Gedanken machen, wie atme ich, wo atme ich, wie häufig atme ich, wie ist meine Körperhaltung und wie sind die Atemräume. Also wenn man sich zum Beispiel hinsetzt, im Liegen ist es schwierig, weil natürlich die hinteren Rippenbögen recht blockiert sind, aber sich hinsetzt und guckt, welche Bewegung finde ich, wenn ich meine Hände auflege. Gehen die Rippen ab? wirbt nur der Bauch vor und die Rippen bleiben drin. Gehen die Rippen nach außen leicht oben oder was machen die Rippen? Kommt der Atem hinten an? Bei einer vertieften Einatmung heben die Rippen vorne und hinten nicht mehr. Bewegt sich das Schulterblatt zurück oder nicht? Hat das Schulterblatt Raum oder nicht? Das sind alles so kleine Dinge, die man machen kann, die allen Hinweis darauf geben, ist der gesamte Atemtrakt mobil oder nicht? Und ganz vereinfacht gesagt, wenn man bei all diesen Tests merkt, das kann man alles selbst machen, ist er nicht, dann ist Abhilfe geboten. Und dann merkt man auch ganz schnell, funktionieren viele andere Sachen wieder
Ann Sophie:besser
Timo:danach. Ist jetzt vielleicht ein bisschen weit ausgeholt, aber ist ganz
Ann Sophie:wichtig. Sehr, sehr schön. Ja, absolut. Mir kam gerade noch ein letzter Punkt. den ich einfach in meiner Praxis sehr regelmäßig auch erkläre oder der einfach regelmäßig eine Rolle spielt. Und das ist so dieses Grundthema Ruheatmung durch die Nase. Und das ist natürlich für viele auch gerade beim Schlafen, da denkt man dann nicht mehr drüber nach. Man wundert sich vielleicht noch, dass man immer mit einer Flasche ans Bett geht, weil der Mund dann so trocken ist oder wie auch immer. Aber dass da auch mit mit Kleinigkeiten schon große Dinge hin zu einem gesünderen Atemmuster verschoben werden können und das wirklich, da gibt es ja richtig auch Traditionen, die den Kindern das ganz explizit beibringen, durch die Nase zu atmen, da hat das eine unglaubliche Bedeutung. Bei uns, ja, ich habe das nicht gelernt, weder zu Hause noch später im Studium, das hat einfach keinerlei Erwähnung gefunden und dabei ist es eine sehr, so grundsätzlich wichtige Form der Atmung, dass wir wirklich durch die Nase einatmen, um eben all den Funktionen, unser Körper ist gebaut und ist gemacht für die Nasenatmung, um die eben auch zu erhalten und häufig entsteht ja dadurch wie in allem auch entsprechende Anpassungsreaktionen und es wird dann immer schwieriger. Von ich lege mich abends hin und auf einmal ist meine Nase zu, ich kann gar nicht mehr durch die Nase atmen. Ja, verständlich, die ganze Nasenarchitektur verändert sich ja, wenn ich sie nicht mehr benutze. Und da auch zu bestärken und Möglichkeiten zu bieten, dass der Körper diesen sozusagen dann in dem Sinne wieder positiven Umbauprozess auch beginnen kann, Wieder hin zu einer gesunden Nasenatmung ist für mich auch ein wichtiger therapeutischer Aspekt und dieses in der Nacht automatisch und unbewusst in die Mundatmung fallen, das ist eine Volkskrankheit. Es ist unglaublich und dass wir ja idealerweise ein Drittel unserer Lebenszeit schlafend verbringen und dann falsch atmen. Das hat natürlich riesige Auswirkungen, auch was das Erholtsein am Morgen angeht, was die Austrocknungsprozesse im Körper angeht, was die ganze Physiologie angeht. Und da ist Schlafapnoe oder Schlafapnoe-Syndrom ja nur so ein bisschen die Endstrecke dieses Grundproblems. Deshalb, ja, das war mir einfach nochmal wichtig, diesen Aspekt der Nasenatmung mit reinzubringen. Das ist wichtig, selbst beim Sport, selbst unter entsprechender Peak-Leistung. ist die Nasenatmung die zu präferierende Form der Atmung. Auch da haben wir mehr Energie. Die Nasenatmung braucht es auch, dass wir den ganzen Stickstoff, der in der Atemluft ist, dass wir den umwandeln in Stickoxid und unsere Gefäße weiterstellen, das Nervensystem beruhigen. Also der Körper ist für Nasenatmung gemacht. Wollte ich nochmal ein
Timo:kurzes Plädoyer halten. Dieses Stickstoffmonoxid-Stichwort wollte ich dir gerade zurufen. Gibt es ja ganz, ganz in der Es gibt ja selbst Studien darüber, dass sich die Physionomie verändert. Also wirklich die Kieferstellung, die Größe, wie die Nase selbst steht, wie lange die Wegstrecken sind, die der Atem nimmt. Also mit der Zeit lässt sich messen. Und um aber auch das nochmal nur zu schließen, um anzuknüpfen. Nasenatmung ist natürlich immer dann auch leichter, wenn wir eine höhere CO2-Toleranz haben, weil natürlich die Nase erstmal einen größeren Widerstand gibt. Sonst könnte sie ja den Atem auch nicht erwärmen und befeuchten, wenn es nicht so wäre. Und insofern spricht auch das wieder dazu, wirklich alles zu tun, was man im Yoga der Langgarnatmung zuordnet, also wirklich den Atem möglichst auszudehnen. Ich gucke auf die Uhren. Jetzt habe ich natürlich noch einen ganz anderen Ansatz. Ich will das jetzt noch nicht alles zu lang machen. Ich habe gerade die Idee. Wir sind ja eingestiegen über die Frage Pranayama, Breathwork und Science. Und wenn ich mich jetzt am Markt umgucke, wir zwei haben jetzt einfach mal krass die CO2-Toleranz propagiert. Es gibt ja auch noch eine ganz andere Art am Markt, die ja viel populärer ist. Nämlich die brutale Hyperventilation.
Ann Sophie:So
Timo:ist es. Ja, und jetzt überlege ich gerade so ganz pragmatisch meine Idee. Du kannst gerne dazwischen kretschen. Wir machen über die Hyperventilation eine zweite Folge.
Ann Sophie:Großartig.
Timo:Sonst wird es jetzt, glaube ich, ein bisschen lang, weil das immer im Thema Emotionen, das immer im Thema emotionale Regulation, das immer im Thema Hirnindruck, das immer im Thema Dissoziationsstörungen, das sind ganz, ganz viele verschiedene Themen. und machen den Sack jetzt zu. Warum ist es sinnvoll, nämlich die langsame Atmung zu propagieren? Vielleicht einen kleinen Ausflug noch. Wie kann ich das technisch umsetzen für alle zu Hause? Weil du sagtest vorhin, ich brauche nichts dafür. Brauchen wir auch nicht. So einen kleinen Hint, um uns dann vielleicht im zweiten Teil alle wiederzutreffen. Warum macht aber auch als Interventionstechnik Hyperventilation Sinn?
Ann Sophie:Ach, fantastisch, Timo. Sehr, sehr
Timo:gerne. Und warum kann es vielleicht sogar eine coole Kombi aus beidem geben? Die muss man ein bisschen verstehen und dann kann man auch damit ganz gut arbeiten.
Ann Sophie:So ist es. Ich nutze es auch regelmäßig als Tool und deshalb bin ich
Timo:bei dir. Also nicht, dass der Eindruck entsteht, wir verteufeln das, aber ich glaube, man muss die Atemphysiologie ein bisschen verstehen und dann kann man damit ganz viel spielen. Und wenn man halt böse gesagt sagt, nur auf YouTube baut und auf irgendwelche Trends, dann kann man einfach die ein oder andere Abzweigung, die man nehmen könnte, verpassen. Ich formuliere es so, ohne dass ich das despektierlich irgendjemandem gegenüber meine. Ich glaube, es ist nicht mal eine Frage derer, die Techniken entwickeln, sondern es ist häufig eine Frage derer, die Techniken dann als ausschließliche Techniken benutzen und dann in so ein Defizit reinlaufen und es fehlt an einer anderen Stelle. Vielleicht Abschlusswort von dir. Wie bringst du die Ruhe Für
Ann Sophie:mich ist die Yoga-Tradition da mein Mittel der Wahl. Das heißt, die Kombination auch aus einer sanften Bewegung und einer ruhigen Atmung gelingt mir immer besonders gut, auch gerade um die Atmung zu verändern. Alle Ebenen in mir in die Ruhe zu führen. Also gerade auch diese gedankliche Ebene, das Kopfkino, was durchaus auch sehr, sehr aktiv sein kann, zumindest in meinem Fall. Und da die Eintrittspforte über die körperliche Bewegung, auch über dieses Grundverständnis, was uns die Yogis ja mitgeben, der energetischen Ebene. Da wird ja die Atmung auch als die Brücke und Pranayama im Sinne des Wortes heißt ja Prana, die Lebensenergie. die Lebenskraft zu stärken, zu lenken, zu kontrollieren. Also auch im Sinne des Wortes tun mir dann Pranayama-Übungen auch gut, welche die zum Beispiel explizit auch die CO2-Toleranz aufbauen, dass da auch ein gewisser Trainingseffekt entsteht. Das hilft mir natürlich dann auch in der Ruheatmung dort besser zurechtzukommen. Was mir auch hilft ist, Diese Übungen, die du vorhin erwähnt hattest, eben auch in der Vielfalt mit einzubauen, um Platz zu schaffen, um bei mir anzukommen. Ich finde die Möglichkeit, gegen Widerstände zu atmen oder zum Beispiel auch Situationen, eine restaurative Umkehrhaltung wie Parita Karani, wo ich die Beine hochnehme und dann mal schaue, wie kann ich jetzt in den Bauch atmen, spüre ich vielleicht auch, dass der Beckenboden mitgeht als Teil dieser ruhigen Atmung. Also auch diese introspektive Ebene, dieses Reinspüren, dieses Neugierigsein und immer wieder erkunden, was passiert da eigentlich, wie nehme ich das wahr, ist etwas, was mich unglaublich in die Ruhe führt. Also Fokus rein, neugierig sein und insgesamt über Bewegung und über Introspektion die Atmung mit in die Ruhe nehmen. Das ist so etwas, was ich ganz gut finde. Welche Ideen kommen dir noch so dazu?
Timo:Ich bin da immer sehr pragmatisch. Ich gehe mal ganz nach der Atemphysiologie. Vielleicht an der Stelle eine Lanze brechend für das Pranayama per se, wenn wir uns von den Pranayamas ausgehen, die jetzt nicht hyperventilativ sind. Es kann einfach nichts passieren, wenn man den Atem anhält. Viele Leute haben einfach Angst, sie haben zu wenig Sauerstoff, also die CO2-Toleranz zu erhöhen. Und bedeutet bei den allermeisten Leuten, ich sage mal, wenn du jetzt den Atem, wenn du jetzt ganz normal einatmest und hältst den Atem an, musst du den als gesunder Mensch mal mindestens eine Minute anhalten können. Und alles drunter ist einfach zu wenig CO2-Toleranz. Ich würde sogar weitergehen, also jemand, der Sport macht und fit ist, der sollte bei 1,5-2 Minuten sein. Das klingt jetzt vielleicht böse, aber ich sehe das so. Das heißt, wir können alle davon ausgehen, dass wenn wir tief einatmen und selbst zwei Minuten die Luft anhalten, dass nichts geschehen kann. Deshalb versuche ich, das Menschen zu erklären, weil es ist immer nur das Problem des CO2. Also wenn wir zum Beispiel nur als kleines Rechenbeispiel, du atmest ein, in der Luft sind rund 22, 23 Prozent gelöster Sauerstoff, manchmal auch 21, je nach Höhe. Du atmest aus und da kommen immer noch 17 Prozent Restsauerstoff in deiner Ausatemluft raus. Das heißt, dein Hämoglobin bindet gar nicht alles. Und trotzdem bist du 100% gesättigt, weil das zu viel ist. Heißt also, wann immer wir Luft in der Lunge beibehalten, gibt es Nachdiffundieren. Das hängt auch von verschiedenen Stichworten, Partialdruckdifferenz, ab wie das dann reinresorbiert wird. Also da brauchen wir uns keine Gedanken zu machen. Das heißt, entscheidend für die CO2-Toleranzentwicklung ist, dass wir den Atem auslösen. Einatmen, natürlich relativ tief, dann haben wir auch genügend Sauerstoff zum Nachdiffundieren. Und wirklich so lange anhalten, wie es irgend geht. Und der entscheidende Punkt, den es zu überwuppen gibt, ist der Kopf. Weil der Kopf sagt, ich mag nicht mehr, ich kann nicht mehr. Wenn du es schaffst, deinen Körper zu entspannen, wirst du merken, dass es geht. Ich kann sogar für alle, die die Stress aufbauen wollen, Aus Angst in so einer Übung sagen, mach die Augen auf, wenn du den Atem anhältst, beginn dich, während du den Atem hältst, in dem Moment, wo du merkst, du kannst ihn nicht mehr halten, beginn dich zu bewegen, du wirst merken, es geht, weil du deinen Stress körperlich ausinteragierst. Und dann atmest du etwas verlangsamt aus, nimmst einen sogenannten Recovery Press, so heißt es bei den Abnötauchern. Du atmest also einmal ruhig ein, hältst ganz kurz an, 3, 4, 5 Sekunden, nur damit die Diffusionszeit ausreicht. Für den neuen Sauerstoff atmest du wieder aus und atmest dann gleich wieder ein, machst es wieder. Und so muss mit der Zeit, dadurch, dass du immer weniger ausatmest, dabei immer wieder Sauerstoff reinlässt, einfach deine CO2-Toleranz steigen. Das heißt, dein Körper bildet mehr so einen Bikarbonatpuffer aus und kann das einfach im Blut wegpuffern. Puffern. Und damit bleibt der BlutpH stabil, aber im Gewebe steigt die CO2-Konzentration und du hast halt genau diesen relaxierenden Effekt, um den es geht. Also lange Rede, kurzer Sinn. Ich gebe den Leuten dann immer ganz konkrete Anweisungen und ich sage ihnen auch echt dazu, ich erkläre das ganz kurz, weil Wissenschaft immer so ein bisschen Grundvertrauen und dann machen sie es und danach denken sie, krass. Und dann gebe ich immer noch so ein bisschen Selbstprofezeiung rein. Also ich sage zum Beispiel, merkst du schon, es wird warm Oh ja, krass, wird warm. Die Hände werden warm. Oh ja, krass, die werden warm. Es wird weich. Oh ja, stimmt. Also man merkt das ja auch. Und du merkst auch danach, obwohl du das Gefühl hast, du hast jetzt viel zu wenig Sauerstoff, dass du nur noch zwei, drei, vier Minuten solcher Übung plötzlich in anderen Ruherhythmus im Atem hast. Und insofern bin ich da ganz pragmatisch in meiner Herangehensweise.
Ann Sophie:Sehr schön. Danke, Timo.
Timo:Also ihr merkt alle schon, wer zuhört, ich glaube, wir müssen auch einfach natürlich, wir müssen die Brücke schlagen in die Hyperventilation beim nächsten Mal, weil der Yoga-Weg hat die ja auch integriert. Wozu gibt es Bastrika? Hat ja schon einen Stellenwert. Aber ich glaube, da müssen wir ein bisschen mit Emotionen noch hantieren und müssen sagen, was da alles so passiert. Passiert ein bisschen mehr. Kann man mal an Stanislav Grof anknopfen, beim Holotropen ab und so was. Ist ja ganz interessant. Ja, insofern würde ich sagen, für alle, die zugehört haben, stay tuned und wartet auf den zweiten Teil. Es kann nur interessant sein.
Ann Sophie:Ja, es kann interessant sein und bis dahin würde ich mich ganz besonders freuen, wenn ihr all das Wissen und all diese Details, die ja heute schon von uns beiden preisgegeben wurden, wenn ihr das einfach als Motivation und als Bestärkung seht, in die Praxis zu gehen und das Verständnis ist häufig hilfreich und sollte ermutigen, sollte ermächtigen, aber es braucht den Weg in den Körper und die eigene Praxis, um wirklich das zu verkörpern und um das Wissen dann entsprechend zu integrieren. Also viel, viel Freude bei all den praktischen Tipps und den Techniken, die wir heute ja auch geteilt haben.
Timo:Absolut von meiner Seite auch. Dann kann ich nur sagen, liebe Ann-Sophie, vielen Dank. Mir hat es ein zweites Mal Freude bereitet. Ich freue mich schon aufs dritte
Ann Sophie:Mal. Das geht mir ganz
Timo:gut. Und wir sehen uns jetzt bald bei dem Sound & See Festival, ohnehin. Das ist jetzt nicht mehr so lange hin. Und dann können wir mal diskutieren. Vielleicht haben wir noch ein paar Themen. Ich glaube, uns fällt noch
Ann Sophie:ein bisschen was ein. Ja, das denke ich auch. Wunderbar. Danke dir, Timo.
Timo:Ich danke dir und ich danke allen, die zugehört haben.